Kann ein Film, der über Spionage und Naziverbrecher handelt, dennoch eine Liebessaga sein? „Berüchtigt“ (1946) von Alfred Hitchcock ist genau dieser Film. Eine Geschichte, die das Spannungskonstrukt eines Agentenfilms mit einer tiefgreifenden Liebesintrige verbindet. Der Regisseur schuf hier einen Meilenstein im Genre der Thriller, indem er nicht nur Handlung und Spannung aufs höchste steigerte, sondern auch die menschlichen Emotionen in den Mittelpunkt stellte. Diese Kombination macht „Berüchtigt“ zu einem Werk, das bis heute fasziniert.
Der Film spielt nach dem Zweiten Weltkrieg und folgt der Geschichte von Alicia Huberman (gespielt von Ingrid Bergman), der Tochter eines verurteilten deutschen Spions. Sie wird von der US-Regierung rekrutiert, um einen Kreis ehemaliger Nazis in Brasilien auszuspionieren. Ihr Auftrag führt sie zu Alexander Sebastian (Claude Rains), einem charmanten Wissenschaftler mit dunkler Vergangenheit. Während sie sich ihm nähert, entwickelt sich zwischen ihnen eine ambivalente Beziehung, die sowohl Liebe als auch Verrat beinhaltet. Cary Grant schlüpft in die Rolle des amerikanischen Geheimagenten Devlin, der Alicaas Mission begleitet – und sich unausweichlich in sie verliebt.
Bio-Daten | Informationen |
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Name | Ingrid Bergman |
Geburtsdatum | 28. August 1915 |
Geburtsort | Stockholm, Schweden |
Todesdatum | 29. August 1982 |
Wichtige Filme | Casablanca (1942), Gaslight (1944), Anastasia (1956) |
Ausbildung | Schwedische Dramatiska Institutet |
Preise | 3 Academy Awards, 2 Emmy Awards, Golden Globe |
Weitere Informationen | IMDb-Profil |
Die Charaktere in „Berüchtigt“ sind vielschichtig und komplexe Persönlichkeiten. Alicia Huberman verkörpert nicht nur die klassische Heldin, sondern auch eine Frau, die zwischen Pflicht und Gefühlen hin- und hergerissen ist. Ihre Motivation bleibt durchgehend authentisch: Sie will ihre Schuld an der Verurteilung ihres Vaters wiedergutmachen, doch dabei gerät sie immer tiefer in eine gefährliche Welt hinein. Claude Rains als Alexander Sebastian liefert eine herausragende Darstellung eines Mannes, der von seiner Vergangenheit geprägt ist und gleichzeitig versucht, sich selbst zu retten. Die Chemie zwischen den Schauspielern sorgt dafür, dass die Zuschauer emotional involviert sind.
Hitchcocks Regiestil prägt den Film maßgeblich. Er nutzt innovative Kamerawinkel und Bewegungen, um Spannung zu erzeugen. Ein berühmtes Beispiel ist die Szene, in der Alicia eine Party besucht und dabei einen Kristallkelch festhält, der symbolisch für die Brisanz ihrer Situation steht. Die Kamera zoomt langsam auf den Kelch, was die Bedeutung dieses Gegenstands betont und gleichzeitig die Spannung steigert. Diese Art der visuellen Erzählung war damals revolutionär und hat den Film bis heute relevant gehalten.
Das Drehbuch von Ben Hecht basiert auf einer Kurzgeschichte von John Taintor Foote und bietet mehrere überraschende Wendungen. Besonders bemerkenswert ist die Ambivalenz der Figuren: Niemand ist vollständig gut oder böse. Selbst Devlin, gespielt von Cary Grant, bleibt in seinem Handeln zweideutig. Seine Liebe zu Alicia bringt ihn dazu, moralische Grenzen zu überschreiten, während er gleichzeitig seine professionelle Neutralität wahren möchte. Diese Nuancen machen den Film so spannend und nachdenklich.
Ein weiterer Aspekt, der „Berüchtigt“ auszeichnet, ist die Atmosphäre, die Hitchcock geschickt inszeniert. Der Film spielt größtenteils in Brasilien, einem Land, das damals noch wenig im Hollywood-Film genutzt wurde. Die tropischen Kulissen stehen im Kontrast zur düsteren Geschichte und verstärken dadurch die Spannung. Auch die Musik trägt dazu bei, die Stimmung zu unterstreichen. Bernard Herrmanns Kompositionen ergänzen die dramatischen Szenen perfekt und bleiben lange im Gedächtnis haften.
„Berüchtigt“ war nicht nur ein kommerzieller Erfolg, sondern auch kritisch hochgelobt. Die Rezensionen betonten, dass Hitchcock es geschafft hatte, eine neue Dimension in den Agentenfilm zu bringen. Indem er Emotionen und Spannung gleichermaßen betonte, setzte er Maßstäbe, die bis heute Bestand haben. Christoph Hartung beschreibt den Film als „eine elegante Mischung aus Intrige und Gefühl“, die Hitchcocks Genie besonders gut zur Geltung bringt.
Interessant ist auch der historische Kontext des Films. Obwohl „Berüchtigt“ 1946 erschien, kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs, behandelt er die Thematik der Nazi-Vergangenheit ohne direkte Anklage. Stattdessen konzentriert sich der Film auf die menschlichen Konflikte und zeigt, wie schwer es ist, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Diese subtile Behandlung der Thematik machte den Film bei seiner Deutschlandpremiere besonders interessant, da viele Zuschauer sich mit ihren eigenen Erfahrungen auseinandersetzen mussten.
Die Kritiken des Films waren überwiegend positiv. Moviebreak.de lobte die „unübliche Tiefe“ der Handlung und die „geniale Inszenierung“ von Hitchcock. Auch andere Medien wie cinema.de und Film-Rezensionen.de betonten, dass „Berüchtigt“ weit mehr sei als ein simple Spionagegeschichte. Es sei ein Film, der Fragen stellt und Antworten lässt, die Zuschauer selbst finden müssen. IMDb bewertete den Film ebenfalls sehr hoch und hob die Leistungen der Schauspieler sowie die Regiearbeit hervor.
Alfred Hitchcock selbst legte großen Wert auf die künstlerische Kontrolle über das Werk. Er arbeitete eng mit dem Drehbuchautor Ben Hecht zusammen, um sicherzustellen, dass jede Szene seinen Ansprüchen gerecht wurde. Diese Hingabe ist deutlich spürbar und trug maßgeblich zur Qualität des Films bei. Mit „Berüchtigt“ hat Hitchcock nicht nur einen Thriller geschaffen, sondern auch einen Film, der über das Genre hinausgeht und nachhaltig beeindruckt.
Der Film endet mit einer der ikonischsten Szenen in Hitchcocks Werk: Die Hauptfiguren stehen vor einem schweren moralischen Dilemma, das sie zwingt, schwierige Entscheidungen zu treffen. Diese Offenheit lässt den Zuschauer nachdenklich zurück und hinterlässt einen bleibenden Eindruck. „Berüchtigt“ bleibt somit ein Meisterwerk des britischen Regisseurs, das bis heute von Fans und Kritikern gleichermaßen gelobt wird.



